handworks: ed-w-22
2006, 60 x 60 cm

... Insofern gestaltet Christoph Beer seine Aufnahmen in der Tendenz des fotografischen Visualismus. Zurückhaltend in ihrer Expressivität teilen wenige große Flächen die Komposition, bestimmen geometrische Formen, einfache Symbole sowie Ausschnitte und Farbkorrespondenzen das Bild. Scheinbar Nebensächliches wird Bedeutungsträger wie die entwurzelten Finger einer Hand. Nahezu beiläufig erinnert Handworks an das Heraustreten des Menschen aus einer Übernatur, Leben spendendes Sonnenlicht, Erkenntnis bringendes Licht und kreative Schöpferkraft im Bild eines (Finger-)Rades. Fotografie bildet hier nicht mehr nur ab, vielmehr ist sie jetzt bildgebende Kunstform. Durch die Nutzung hybrider Systeme eröffnen sich Christoph Beer ungeahnte gestalterische Möglichkeiten. Dabei beunruhigen die bearbeiteten und manipulierten Realitätsfragmente. Die fotografischen Bildfindungen irritieren die Sehgewohnheiten mit Formen, die schaurig und ornamental "genügend Angriffspunkte (bieten), um das Lager der Betrachter zu spalten" (C. Beer). Darüber hinaus scheint es, dass zudem und vor allem die Entwurzelung erschreckt. Authentizität scheint verloren. Christoph Beers computergestützte Bildgestaltungen müssen Glaubwürdigkeit anders begründen.

So weisen gerade seine Handarbeiten auf eine Wahrheit hin, die - weg von erzählenden Reihungen, Fotosequenzen und -serien - 7000 Jahre Kultur in einem einzigen Bild zelebriert. ÜBER | NATUR heißt bei Christoph Beer also, außerordentlich sinnfällig scheinbar Unmögliches zu erfassen, Ideen fotografisch unvoreingenommen zu gestalten und frei ÜBER | NATUR zu gehen. Wenn das Ornamentale in der Handarbeit von Christoph Beer die natürlichen Linien von Haut, Adern und Sehnen vergessen macht, durch neue Formen ersetzt, dann muss die Identität des Fotografen das Bedürfnis nach Glaubwürdigkeit stillen. ...

Ute Reinhöfer